Jungfräulichkeit

Jungfräulichkeit
Jụng|fräu|lich|keit 〈f. 20; unz.; a. fig.〉 jungfräuliche Beschaffenheit, Unberührtheit, Reinheit

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Jụng|fräu|lich|keit, die; - (geh.):
1. das ↑ Jungfräulichsein (1); sexuelle Unberührtheit:
die Forderung nach J. der Frau bei der Eheschließung.
2. Unberührtheit, das Unangetastetsein:
die J. der Neuschneedecke.

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I
Jungfräulichkeit
 
(Jungfernschaft, Virginität): physiologischer Zustand des geschlechtsreifen weiblichen Organismus, im engeren Sinne der weiblichen Geschlechtsorgane, vor dem ersten Geschlechtsverkehr (der Entjungferung). Der Nachweis der Jungfräulichkeit aufgrund der Unversehrtheit des Jungfernhäutchens ist nicht immer mit Sicherheit möglich (z. B. bei elastischem Hymen mit großer Öffnung).
 
Jungfräulichkeit galt und gilt noch in manchen Familien oder Gesellschaftsordnungen bei Eingang der Ehe als unerlässliches Gebot; gelegentlich wurde sie durch Infibulation gesichert. Jungfräulichkeit muss vielfach durch Keuschheitszeichen aus der Hochzeitsnacht selbst vor der Öffentlichkeit bewiesen werden. Kann der Beweis der Jungfräulichkeit nicht erbracht werden, hat das Mädchen Schande über die Familie gebracht, und der Brautpreis ist zurückzuerstatten: Die Ehe kann sofort gelöst werden - ein sehr patriarchalisches Denken.
 
In der Theologie der christlichen (vor allem katholischen und orthodoxen) Kirche erfuhr die Jungfräulichkeit besondere Ausprägung und Wertschätzung. Maßgebend waren dabei die asketischen Ideale, die durch den Hellenismus auf das Christentum einwirkten; in der alten Kirche bildeten die Jungfrauen einen eigenen Stand, dessen geistlicher Anspruch an den zahlreichen Schriften der Kirchenväter über die Jungfräulichkeit erkennbar wird. Im Mönchtum wurde die Jungfräulichkeit im Sinne von Keuschheit und Ehelosigkeit zum ersten und wichtigsten Ordensgelübde, eine Nonne wird zur »Braut Christi«. Für Frauen war dabei das Jungfräulichkeitsideal von besonderer Bedeutung: Nur durch die Verpflichtung zur Jungfräulichkeit (oder als Witwe zur Keuschheit) war es für sie möglich, ihre nach Ansicht der Theologen durch die »Sünde Evas« gegebene Minderwertigkeit zu überwinden. Als »gottgeweihte« Jungfrauen konnten sie dann in der Kirche als den Männern annähernd gleichwertig anerkannt werden.
II
Jungfräulichkeit,
 
Jungfernschaft, Virginität, physiologischer Zustand des geschlechtsreifen weiblichen Organismus, im engeren Sinn der weiblichen Geschlechtsorgane, vor dem ersten Geschlechtsverkehr (Defloration). Der Nachweis der Jungfräulichkeit aufgrund der Unversehrtheit des Jungfernhäutchens (Hymen) ist nicht immer mit Sicherheit möglich (z. B. bei elastischen Hymen mit großer Öffnung oder vernarbten Einrissen, die angeborenen Einkerbungen ähneln können).
 
Jungfräulichkeit gilt in manchen Familien- oder Gesellschaftsordnungen bei Eingang der Ehe als unerlässliches Gebot; gelegentlich wurde sie durch Infibulation gesichert. Jungfräulichkeit muss vielfach durch Keuschheitszeichen aus der Hochzeitsnacht selbst vor der Öffentlichkeit bewiesen werden. Fehlt sie, ist der Brautpreis zurückzuerstatten; die Ehe kann sofort gelöst werden.
 
In der Theologie der christlichen (v. a. katholischen und orthodoxen) Kirche erfuhr die Jungfräulichkeit besondere Ausprägung und Wertschätzung. Maßgebend waren dabei die asketischen Ideale, die durch den Hellenismus auf das Christentum einwirkten. Erste Ansätze finden sich bereits im Neuen Testament (Matthäus 19, 12; 1. Korintherbrief 7); in der alten Kirche bildeten die »Jungfrauen« einen eigenen Stand, dessen geistlicher Anspruch an den zahlreichen Schriften der Kirchenväter über die Jungfräulichkeit erkennbar wird. Im Mönchtum wurde die Jungfräulichkeit im Sinne von Keuschheit und Ehelosigkeit zum ersten und wichtigsten Ordensgelübde. Für Frauen war dabei das Jungfräulichkeitsideal von besonderer Bedeutung. Nur durch die Verpflichtung zur Jungfräulichkeit (oder als Witwe zur Keuschheit) war es für sie möglich, ihre nach Auffassung der Theologen durch die »Sünde Evas« gegebene Minderwertigkeit zu überwinden, ihr weibliches Geschlecht zu »transzendieren« und »männlich« zu werden. Als »gottgeweihte Jungfrauen« konnten sie dann in der Kirche als den Männern annähernd gleichwertig anerkannt werden.
 
 
K. Vogt: »Männlichwerden« - Aspekte einer urchristl. Anthropologie, in: Concilium, Jg. 21 (Einsiedeln 1985);
 Themenschwerpunkt J., in: Feminist. Studien, Jg. 5 (1986).

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Jụng|fräu|lich|keit, die; - (geh.): 1. das Jungfräulichsein (1); sexuelle Unberührtheit: mit ihrer Forderung nach J. der Frau bei der Eheschließung (Schelsky, Soziologie 41). 2. Unberührtheit, das Unangetastetsein: die J. der Urwalderde.

Universal-Lexikon. 2012.

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